Acker-Schachtelhalm

Botanik

Der Schachtelhalm wächst oft auf Wegen und Dämmen, aber auch auf Wiesen und Äckern, besonders auf lehmigem Sandboden. 30-100 cm unter der Erdoberfläche verbreitet das schwarze Rhizom, das bleistiftdick, schwarz und dicht mit braunen Haaren besetzt ist. An den Knoten entspringen Wurzeln und Seitenzweige, an denen sich rundliche, mit Reservestoffen gefüllte Knollen bilden. Im Frühjahr sprossen die etwa 20 cm hohen Stengel, die die walzenförmigen, bräunlich-gelben Sporangienähren tragen. Diese Stengel sind rötlich-braun bis strohfarben. Sie tragen scheidenförmige, braune Blätter, die etwas aufgeblasen und fast glockig sind. Die Zähne (meist acht) sind oft zu zweien verwachsen. Nach dem Verwelken der sporentragenden Triebe wachsen die hellgrünen Laubtriebe. Sie sind rauh, gefurcht, 10 bis 50 cm hoch und tragen quirlig angeordnete Äste.

Blütezeit: März bis April

Vorsicht!

Es gibt giftige Vertreter aus der Familie der Schachtelhalmgewächse, die man leicht mit dem Ackerschachtelhalm verwechseln kann.
Andere Arten können zusätzlich noch mit einem Pilz befallen sein, der Übelkeit und Erbrechen auslösen kann.

Namensherkunft

Der Gattungsname Equisetum kommt vom lateinischen equus = Pferd und seta = Schwanz. Die Pflanze hieß bei den Griechen πποΰρις (hippuris) = Pferdeschwanz wegen der feinen Ästchen mancher Arten. Der Beiname „arvense“ aus dem lateinischen arvum = Ackerland bezeichnet den Standort der Pflanze. Den Namen Schachtelhalm hat er nach den schaftartigen, ausziehbaren Stengelgliedern erhalten.

Sonstige Bezeichnungen

Der gegliederte Stengel wird auch mit einem Pfeifenrohr verglichen; daher Pipenstal = Pfeifenstil (Mecklenburg, Altmark), Hollpiepen = Hohlpfeifen (Ostfriesland), Dunkelpfeifen (Ostpreußen), desgleichen mit einer Nadelbüchse („Spengel“ bedeutet Nadel): Spengelbüchse (Hunsrück) oder mit den Knien: Negenknee = Neunknie (Holstein). Die Sprosse werden nach ihrer Form gern mit dem Schwanze verschiedener Tiere, besonders der Katze, verglichen: Katzenschwanz, Katzeschwanz (Saarland), Kattensteert, Kattenswans (Altmark), Kattstart (Pommern), Kattenzahl (Schlesien, Nordböhmen) usw. Der Name Zinnkraut rührt davon her, daß die Schachtelhalme wegen ihres hohen Gehaltes an Kieselsäure zum Putzen von Geschirr, besonders von Zinnkannen, Zinntellern und Weberschiffchen (Züricher Oberland) gebraucht werden: Zinngras (Nrdböhmen, Bayern, Tirol), Zinnheu (Steiermark), Scheuerkraut (Thüringen). In manchen Gegenden glaubt man, dass die Pflanze für Kühe tödlich giftig sei, Pferden jedoch nicht schadet, daher sagt man von ihr: „Der Pferde Brot – der Kühe Tod“. Koodod = Kuhtod (Gebiet der unteren Weser). In Norddeutschland ist die allgemeinste Bezeichnung für die Equisetum-Arten Duwock oder Dowenwocken.

Französisch: Prèle, Queue de rat
englisch: Shave-grass
italienisch: Coda di cavallo, setolone, brusca
dänisch: Padderokke
litauisch: Ožkabarzdis
norwegisch: Akersnelde
polnisch: Skrzyp polny
russisch: Chwoszcz
schwedisch: Akerfräken
tschechisch: Přeslička polní
ungarisch: Zsurlófü.

Medizinische Verwendung

Inhaltsstoffe

Flavonoide, Pflanzensäuren, Glykoside, Carbonsäuren, Mineralstoffe: Kieselsäure, wasserlösliche Silikate, Aluminiumchlorid, Kaliumchlorid, Kämpferolglykoside, Quercetinglykoside, Alkaloide: Nicotin, 3-Methoxypyridin, Palustrin, Fettsäuren, Phytosterole, Kaffeesäurederivate: Dicaffeoyl-meso-Weinsäure und Caffeoylshikmimisäure, ca. 5% Equisetonin-Saponin

verwendete Pflanzenteile oder Zubereitungen

Schachtelhalm-Kraut (Herba Equiseti) – das Europäische Arzneibuch verlangt einen Mindestgehalt an Flavonoiden

Schachtelhalm-Tinktur (Tinctura Equiseti)

Schachtelhalm-Extrakt (Extractum Equiseti)

Die häufigste Darreichungsform ist der Teeaufguss (Infus) aus Kraut. Er wird aber auch Salbe, Dünstumschlag oder in Form von Bädern appliziert.

Heutiger naturheilkundlicher Einsatz

Nierenbeckenentzündung, bakterielle Harnwegsinfekte zur Durchspülungstherapie, zur Vorbeugung von Nierengrieß, unterstützend bei Gicht und anderen Stoffwechselerkrankungen, äußerlich als Umschläge bei Ekzemen, Geschwüren, Frostbeulen, schlecht heilenden Wunden, Dekubitus, Nagelbettentzündung

Historisch

Paracelsus
als „Katzenschwanz“ schon erwähnt1

Matthiolus und Weinmann
zusammenziehendes, blutstillendes Mittel2,3

Haller
gegen Blutstürze und Nieren- und Blasengeschwüre, auch äußerlichen in Form von Gurgelwässern gegen Mund- und Halsaffektionen und zu stärkenden Umschlägen bei Wundbrand4

Osiander
Volksmittel gegen Ruhr und Wassersucht

Schulz
erprobte Wirksamkeit bei Tuberkulose wegen des hohen Kieselsäuregehalts

Kneipp
schreibt, dass man „die vielseitige und vorzügliche Wirkung dieses Heilkrautes nicht genug hervorheben kann“. Äußerlich hilft Zinnkraut bei alten Schäden, faulenden Wunden und selbst krebsartigen Geschwüren und Beinfraß nach ihm in außerordentlicher Weise. „Es wäscht aus, löst aus, brennt gleichsam das Schadhafte weg.“ Innerlich lindert es die Schmerzen bei Grieß- und Steinleiden, die Beschwerden beim Urinieren und ist „hier einzig, unersetzbar und unschätzbar“.
Er schildert einen Fall eines 70jährigen Mannes mit Harnverhaltung, der durch äußerliche Anwendung heißer Zinnkrautdämpfe in etwa 20 Minuten zum Urinieren kam. Kneipp lässt bei Harnverhaltung Zinnkraut äußerlich und innerlich anwenden. Bei Blutungen und Bluterbrechen hat er Fälle gesehen, in denen das Bluten durch Anwendung des Zinnkrautes schon nach vier Minuten stoppte.
Er gab auch an, Lupusfälle erfolgreich mit Zinnkraut behandelt zu haben. Das wurde später bestätigt.

Lettische Volksmedizin
Spiritusauszug der Wurzel zu Einreibungen gegen Rheumatismus.

Tschechoslowakische Volksmedizin (Dostál, Veleslavín)
Schachtelhalm stillt das Erbrechen, Durchfall, zu starke Menstruation, heilt Nieren- und Blasenleiden, Harnschneiden, innere Verletzungen und Husten.
Ein Tampon mit dem Saft befeuchtet, stellt das Nasenbluten ein. Die Umschläge stillen Wundblutungen. Auch gegen Erysipel findet Equisetum Verwendung. Ein Destillat heilt Bluthusten. Ein Dekokt wird gegen Tuberkulose, Blasenerkrankungen, als Blutreinigungsmittel, für die Niere, den Magen, Wassersucht und Harnschneiden genommen. In Mähren trinkt man den Tee gegen Brustschmerzen, Halsbrennen und Augenerkrankungen. Der Aufguss wird als Umschlag für Wunden und Geschwülste verwendet.

Mongolischen Volksmedizin (nach Hübotter)
Equisetum hiemale L. var. japonica: Mildes schweißtreibendes Mittel, welches auch die „Augenschirmkrankheit“ beseitigt. Anmerkung v. D. Lorenz: Nach der Krankheitsbezeichnung und der beschriebenen Krankheitsdauer dürfte es sich dabei am ehesten um eine Hornhautentzündung gehandelt haben.

Kobert
Er zählt Equisetum mit in die „Gruppe der Mittel, welche die Resistenz des Lungengewebes gegenüber den tierischen Einschmelzungsprozessen vermehren“ und damit zu den Tuberkulosemitteln

Puschkin
verordnete 1 Eßlöffel von Hb. Equiseti pulv. subt. auf 1 Tasse Wasser, dreimal täglich, mit gutem Erfolge in mehreren Fällen von Hämoptysis, Epistaxis, Hämorrhoidalbluten und Metrorrhagie.

Huchard und Breitenstein
wandten das Zinnkraut auch mit gutem Erfolge an. Der letztere sah nach Verordnung eines Dialysates eine mittlere Vermehrung des Urins um 30%. Er gab zweistündlich 30 Tropfen.
Anmerkung v. D. Lorenz: Mit Dialysat ist hier eine wässrige Lösung aus Schachtelhalm gemeint.

Kühn
Er versuchte die Behandlung von Lungentuberkulose mit Schachtelhalm und wandte dazu die unten angegebene Teemischung bei seinen Patienten an, wobei die Tagesdosis an Kieselsäure zwischen 40 und 480 mg schwankte. Nach ihm ist diese Menge notwendig für den Organismus, um die eitrigen Kavernen zu umgrenzen, da ein Teil der Kieselsäure durch den Urin wieder ausgeschieden wird. Bei leichteren Fällen sah er innerhalb einiger Monate eine so durchschlagende Besserung des Gesundheitszustandes, dass man die betreffenden Patienten als ausgeheilt betrachten konnte.

Historische Teemischung:

Lungentuberkulose Kobert-Kühnscher Kieseltee:

Rp.:

Hb. Equiseti min. . . . . . . . . 37,5 (= Ackerschachtelhalmkraut)
Hb. Polygoni avic. . . . . . . . . 75 (= Vogelknöterichkraut)
Hb. Galeopsidis ochrol. . . . 25 (= Kraut vom Ockergelben Hohlzahn)

M.f. species.D.s.: Dreimal täglich 1 ½ Eßlöffel mit 2 Tassen Wasser ansetzen und auf die Hälfte einkochen.

Bauer
gute Erfolge mit starken Schachtelhalmaufgüssen bei Hämoptysis

Unna
Er sah nach innerlicher Einnahme von Kieselsäure eine schnelle Ausheilung von vielen Hauterkrankungen, z. B. bei Pemphigus chronicus (Morbus Hailey-Hailey) und Pemphigus foliaceus (blasenbildende Autoimmundermatose), und fügt hinzu, dass die Elastizität der Haut und ihr kolloidales Zellengleichgewicht größtenteils durch die vorhandene Kieselsäure bedingt ist.

Luithlen, Moretti und Schulz
Behandlung der Arterien bei Arteriosklerose: bis zu einer gewissen Grenze durch Zufuhr von Kieselsäure in kolloider Form wieder elastisch machbar

Tichý
Kieselsäure soll das Wachstum der malignen Geschwülste unterdrücken und rezidiven Metastasenoperationen vorbeugen. Durch reichliche Zufuhr von Kieselsäure erreicht man angeblich nicht nur eine primäre pharmakologische, festigende (solidifikative) Wirkung, sondern es soll auch angeblich im Tumorgewebe ein Kieselsäureherd entstehen, der bei Einwirkung von harten Röntgenstrahlen zu sekundären Strahlungen fähig ist. Die Kieselsäure ist nach Tichý eines der auf Röntgenstrahlen resonnierenden Elemente.

Persico (Persico, Neue Studien über Equisetum arvense.)
Er konnte feststellen, dass der frische Saft von Equisetum arvense unzweifelhaft blutkörperchenbildende Wirkung bei sekundärer Anämie (sekundäre Anämie nach Metrorrhagie, Endometritis, Magengeschwüren und Magenkrebs) besitzt.

Wegener
Er empfiehlt den häufigen Genuss von Zinnkrautsaft und Zinnkrautabkochungen als das beste Mittel gegen Haarausfall. Der Schachtelhalm wirkt auch harntreibend, ohne die Niere zu schädigen.

Treben
bei Schweißfüßen Einreibungen mit der Tinktur oder Fußbäder, Dünstumschläge bei Polypen im Unterleib (Myome) oder am After (Hämorrhoiden), begleitend zur Verkleinerung von Geschwulsten – ebenfalls als Dünstumschlag

Homöopathie

Stauffer
vorwiegend bei konsekutiver Enuresis und Blasenreizung

Nebenwirkungen und Kontraindikationen

Nebenwirkungen sind keine bekannt. Ödemen durch eingeschränkte Herz-Nieren-Funktion stellen jedoch eine Kontraindikation zur innerlichen Einnahme dar.

Rezepturen und Dosierungen

Erwachsene und Kinder nehmen täglich etwa 6 g der getrockneten Arzneidroge, beispielweise als Tee.

Schachtelhalm-Salbe

alte Rezeptur zur äußerlichen Behandlung von Ekzemen und schlecht heilenden Wunden

Zutaten:

Schachtelhalm-Kraut (Herba Equiseti)20 g
Mandelöl40 ml
Kakaobutter10g
Bienenwachs5 g

Alle Zutaten mischen und warm ca. 30 Minuten mazerieren, dann abseihen und erkalten lassen.

Um noch mehr der guten Inhaltsstoffe herauszulösen, kann man bereits vier Wochen vorher mit dem Öl und dem Kraut einen Kaltauszug ansetzen.


Quellen und Studien

  1. Paracelsus Sämtl. Werke, Bd. 3, S. 309.
  2. Weinmann, Phytanthoza iconographia, Regensburg 1737, Bd. 2, S. 391.
  3. Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 358.
  4. v. Haller, Medicin. Lexicon, 1755, S. 607.
  5. Seb. Kneipp, Das große Kneippbuch, S. 984, München 1935
  6. Gerhard Madaus – Lehrbuch der biologischen Heilmittel

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